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    Die Moormenschen

    Morandilme
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    Die Moormenschen Empty Die Moormenschen

    Beitrag von Morandilme Sa Jul 02, 2011 8:01 am

    Grundsätzliches:

    Die Moormenschen sind eine kleine Völkergruppe, die sich in dem unwegsamen Sumpfgelände an der Westseite der stillen Pinienberge angesiedelt haben. Es ist nicht ungefährlich dort, denn es gibt keine festen Wege, das Wasser ist brackig und das Getreide schimmelig. Die Menschen leben, umstrichen von den Geistern der Toten.
    Niemand siedelt freiwillig in einem Gebiet, das so viele Entbehrungen fordert, wie dieses hier, und auch die Moormenschen hatten keine andere Wahl.
    Stark dezimiert nach einer Fehde mit einem anderen Stamm und auf der Flucht vor ihren Häschern zogen sich einige Dutzend von ihnen in das Moor zurück, versteckten sich über Monate hinweg und blieben schließlich, als die Zeiten draußen nicht ruhiger wurden.
    Dies ist ungefähr dreihundert Jahre ohne Geschichtsschreibung her, auch Lieder aus diesen tristen Tagen gibt es keine mehr, und die Moormenschen haben ihre Wurzeln vergessen. Wüssten sie es, es kümmerte sie wahrscheinlich wenig, denn es verlangt sie nicht nach anderen Gebieten und Grimm über so lang vergangene Ereignisse liegt ihnen fern.

    Das Volk umfasst nur um die hundert Mitglieder, die sich mit der Zeit von der Statur her sehr verändert haben.
    Die Menschen sind kleiner als der Durchschnitt, etwas untersetzt, aber zäh und ausdauernd. Sie arbeiten stundenlang, hart und unermüdlich. Ihre Finger sind nur halb so lang, wie gewöhnlich, dafür aber breit und kräftig und haben dicke Knöchel von der vielen Mühe.
    Die Männer und Frauen scheinen bereits alt auf die Welt zu kommen, ihre Gesichter sind alle mehr oder weniger faltig und knitterig. Charackteristisch ist das scharfe Profil, das ihnen zu eigen ist, mit einer prominenten Nase und vorgewölbter Stirn, aber einem fliehenden Kinn, das sie nicht zu dem schönsten Stamm macht. Seine männlichen Mitglieder tragen Haar und Bart lang und ungepflegt, häufig ist das eine nicht konsequent von dem anderen zu unterscheiden, was an der geringen Anzahl von im Dorf befindlichen Kämmen liegen mag.
    Auch die Frauen sind nicht sonderlich gepflegt, sondern haben Besseres zu tun, als sich um ein hochherrschaftliches Aussehen zu kümmern.
    Unter ihren wirren Mähnen und dunklen Augenbrauen sind ihnen ihre tiefliegenden, von schweren Falten umrahmten Augen zu Eigen. Braun oder moortümpelgrün sind sie, lebendig und flink, wo ihr Körper träge erscheint, ungebildet, aber mit der ganzen Weisheit der Welt erfüllt.

    Sie werden meistens nur um die sechzig Jahre alt, sind ein kurzlebiges Volk. Daher werden die erfahrenden, alten Leute hoch in Ehre gehalten und gerne um Rat gefragt.
    Moormenschen sind bedächtig und urteilen kaum einmal vorschnell, noch nicht einmal über ihren ärgsten Feind.
    Bei kaum einem Volk ist der Wille zur Einmischung in andere Angelegenheiten weniger ausgeprägt als bei ihnen. Dabei ist es nicht unbedingt Selbstgenügsamkeit oder Unwissen, die sie davon abhalten, sondern mehr ein tief liegendes Misstrauen gegenüber der Außenwelt, das vielleicht in ihrer Erfahrung als Vertriebene begründet liegt.
    Wenn sie es auch nicht wissen, so ahnen sie doch, dass das größte Wohl ihres Volkes darin liegt, unbemerkt zu bleiben. Daher gibt es auch keinen Verkehr zwischen ihnen und benachbarten Völkern, weder Handel noch Nachrichten noch Freundschaft.

    Das Dorf:

    Es gibt nur eine einzige größere Ansiedlung im Moor, daher entfällt auch die Dringlichkeit, ihr einen bestimmten Namen zu geben. Das Dorf eben.

    Hier öffnet sich der dichte Wald aus wasserliebenden Bäumen um einen großen, flachen See herum. Der Schilfgürtel ist viele Meter breit, weil das Wasser zumeist nicht höher als hüfthoch steht. Es ist sogar möglich, das Gewässer zu Fuß zu durchwaten, aber wegen dem schlammigen Untergrund und einigen gefährlichen Löchern tun das nicht viele.
    Das Dorf besteht aus dreiundzwanzig verschiedenen Hütten und einem größeren Gebäude, die Halle genannt.
    Es laufen immer Schweine und Ziegen frei herum, die einzigen Nutztiere, die die Menschen dort halten, denn Esel oder Pferde zur Beförderung der Lasten sind zu schwer und werden im Moor schnell krank.
    Das Dorf liegt am nördlichen Rand des Sees auf einer in mühseliger Arbeit aufgeschütteten Plattform, die sich etwas drei Ellen über allem anderen erhebt.
    Auf diesem Plateau wachsen eine Menge Birken und Erlen zwischen den Hütten, die die Moormenschen angepflanzt haben, damit die Wurzeln die Erde festhalten.

    Dadurch haben die Häuser ein einigermaßen sicheres Fundament und sacken nicht ständig wieder weg. Allerdings kann trotzdem nicht gesagt werden, dass die Bauwerke der Moormenschen eindrucksvoll und beständig wären. Im Sumpf wachsen kaum Bäume mit hartem Holz und seine Bewohner denken gar nicht daran, sie zu fällen. Buchen und viele andere große Bäume haben sogar eine religiöse Bedeutung. Gestein findet sich auch erst im Gebirge, weshalb bei den Moormenschen vorwiegend mit Torf gebaut wird.

    Ihre Häuser haben niedrige, aus Torfziegeln geschichtete Wände, auf denen ein Satteldach sitzt, das mit Grassoden gedeckt ist, deren Wurzeln ihm mehr Festigkeit verleihen. Eher lang als hoch und unter dem Gewicht mit den Jahren etwas in sich zusammengesunken, haben sie den Anschein von kauernden Kätzchen, mit Moos und grünen Flechten überwuchert.

    Im Inneren sind die Wände mit Lehm verputzt und mit Fellen behängt, um die Wärme drinnen zu halten. Der schon angesprochene Mangel an Gestein hat nämlich zu Folge, dass nur die Halle einen wirklich großen, feuerfesten, benutzbaren Abzug hat, der vor vielen Jahren von einer Gruppe Frauen gebaut wurde, die bis zu den Pinienbergen gestiegen sind und Felsbrocken zurück geschleppt haben.
    Aus diesem Grund also haben die Menschen nur sehr wenig Feuer in ihren Hütten an, damit ihnen nicht alles verräuchert. Selbst gekocht wird nach Möglichkeit draußen, unter freiem Himmel, vor der Tür.
    Wenn es im Winter so kalt wird, dass selbst die gesammelte Familienwärme unter allen Decken nicht ausreicht, um Erfrierungen zu vermeiden, versammeln sich die Dorfbewohner in der Halle.

    Dieser Bau hat hölzerne Grundfesten, einen steinernen Abzug und ist ein langes Gebäude, sicherlich dreißig Schritt lang. Dort backen alle gemeinsam Brot, schlachten die Tiere, wärmen sich am Feuer, veranstalten Feste und dreschen das Korn aus der Ernte. Dort lagert auch das Saatgut und einiges Handwerksgerät, das zu sperrig ist, um es in den einzelnen Häusern aufzubewahren. Es gibt lange Bänke und Tische, denen man den langjährigen Gebrauch ansieht.

    Der Dachstuhl ist meistens halb offen, sodass es möglich ist, mit einer kurzen Leiter hinaufzusteigen. Dort lagern die Familien ihre Vorräte in tönernen Gefäßen ein. Unnötig zu erwähnen, dass sie ein großes Problem mit Ratten haben, vor allem, da es keine Katzen gibt.

    Kleidung:

    Die Röcke der Frauen sind um eine Elle kürzer als üblich, da sie sowieso ständig bis über die Knöchel im Matsch stecken. Aus demselben Grund tragen die Menschen in der Regel auch keine Schuhe, es sei denn, es friert.
    Die Kleidung ist aus Leder oder aus Ziegenwolle gewebt und völlig schmucklos. Allerdings sind Karomuster sehr beliebt, die durch die Verwendung von schwarzer und weißer Wolle erziehlt werden.
    Die Kleidung wird in der Regel selbst hergestellt und variiert stark in Schnitt und Machart. Ihr vornehmliches Ziel ist es, warm zu halten, meistens ist sie ziemlich verdreckt, da ihre Träger ständig draußen sind.
    Es werden Röcke, Stulpen für die Arme, Umhänge, Überwürfe, Gugel, Hemden, Westen, Schultertücher oder Kopftücher getragen.

    Politische und Wirtschaftliche Struktur:


    Eine zentrale Herrschaftsgewalt wie ein König entfällt durch die geringe Anzahl der Bewohner und seine Kriegsunlustigkeit. Gemeinhin haben die Alten eine hohe Postion und werden um Rat gebeten, weil sie mehr Lebenserfahrung haben. Natürlich gibt es immer Männer und Frauen, die sich mehr einmischen und viele Entscheidungen mitbeeinflussen, aber es gibt nie Machtkämpfe in dem Sinne, da ihre tatsächliche Macht nur sehr gering ist.
    Die Moormenschen betreiben ein wenig Akkerbau mit Hafer und Gerste, alles per Hand.
    Sie sähen das Saatgut gemeinsam auf ein Feld aus und fahren die Ernte auch gemeinsam ein. Jeder bekommt den gleichen Anteil des Ertrages zugewiesen, der, ehrlich gesagt, meistens recht kümmerlich ist, da der Boden so sauer und nass ist.
    Außerdem befischen die Familien mit kleinen Booten den See. In dem Schilflabyrinth haben sich wirklich Wege gebildet, wo sie durch das Röricht staken.
    Weiter gibt es einige Hirten, die die Ziegen und Schweine treiben und Jäger, die den Moorhühnern und Geflügel Fallen stellen.

    Die Moormenschen sind sowieso ein sehr ruhiges Volk, völlig stumm werden sie jedoch, wenn sie Besuch von Fremden erhalten. So zeigen sie sich überhaupt erst nach reiflichem Überlegen und öffnen kaum einmal den Mund, wenn doch.
    Drängende Fragen werden ignoriert.
    Wenn jemand in Not geraten ist, so werden sie ihm helfen und ihm auch Unterschlupf gewähren, solange er dessen bedarf. Allerdings sind sie froh, wenn man sie in Ruhe lässt und nicht mit Wünschen oder Forderungen an sie herantritt.

    Familienleben:


    Die Moorleute suchen in der Regel ab einem Alter von 17, 18 nach einem Partner oder einer Partnerin. Arrangierte Ehen kommen in dem Sinne von einer von den Eltern aus wirtschaftlichen Interessen angestrebter Verbindung nicht vor, auch wenn es nicht selten ist, dass zwischen miteinander eng befreundeten Familien "geheiratet" wird.
    Allerdings wird nicht um die Hand der Erwählten angehalten, noch müssen die Eltern oder sonst irgendwer einverstanden sein.

    Gegenseitige Zuneigung sowie Nützlichkeit sind meistens die Basis für solch eine Partnerschaft.
    Die Ehe ist somit vorwiegend eine Zweckgemeinschaft, die durch Aufgabenteilung die Arbeit erleichtert und der Familie Kinder schenkt.
    Obwohl die Frauen häufig schwanger werden, gibt es kaum Großfamilien, denn, ob es an Überarbeitung liegt oder an Fehlernährung und dem schwierigen Klima, sie haben häufig Fehlgeburten oder die Kinder sind zu schwach, um das erste Lebensjahr zu überstehen. Daher sind die Eltern auch um so glücklicher über gesunde, starke Söhne und Töchter und lieben sie sehr.

    Die Kinder bleiben, wenn sie erwachsen werden, meistens im Elternhaus und erben dasselbe später. Die Alten erhalten auf diese Art Unterstützung bei der schweren Arbeit, während sie selber sich mit ihrer reichen Erfahrung und der Beaufsichtigung der Enkelkinder verdient machen.

    Im Falle des Todes von einem Partner, ist es üblich, dass sich der andere neu bindet. Neuverheiratungen aufgrund von veränderten Gefühlen hingegen sind unüblich, da die Männer und Frauen in der Regel bedächtig wählen und auch mit einer guten Portion Pflichterfüllung in ihre Ehe gehen.

    Eine Heirat in dem Sinne wird nicht gefeiert, sondern der symbolische Einzug in ein gemeinsames Haus. Das heißt, dass es durchaus auch möglich ist, mit jemandem zusammen zu sein, ohne gleich zu heiraten.
    Die zukünftigen Partner sind etwas feiner herausgeputzt als sonst, und das ganze Dorf legt für die Dauer der Zeremonie seine Arbeit nieder und kommt.
    Jeder macht ein kleines Geschenk für das Paar und spricht seine Glückwünsche mithilfe eines traditionellen Gesangs aus. Danach machen sich die Beiden auf den Weg zu einem vorher gewählten Platz im Wald, der mit Flechten aus weißem Ziegenhaar gekennzeichnet ist, damit andere dort Vorsicht walten lassen. Dort wird der Sämling eines Baumes gepflanzt, der mehr oder weniger gehegt wird.
    Wahrscheinlich ist dies ursprünglich mehr eine Auflage als eine romantische Tradition gewesen, denn die Moorleute haben bereits früh erkannt, wie wichtig Bäume für einen halbwegs brauchbaren Untergrund sind. Der Ritus kann also auch als Wiederaufforstungsmaßnahme verstanden werden.

    Wurde so getan, wurde das Paar von den anderen wieder mit Begeisterung in Empfang genommen und zu ihrem Haus geleitet, wo die Braut ein Vieh schlachtet. Das Blut auf der Schwelle soll Geister vertreiben, aber es kann durchaus passieren, dass auch alle Beistehenden einen guten Schuss abbekommen, weil es jedes Mal eine ziemliche Schmiererei gibt. Das geschlachtete Tier wird hernach gebraten und den Feiernden vorgesetzt.

    Sprache
    Anders als ursprünglich von mir angedacht, sprechen die Moormenschen kein Quenya, sondern die von uns mit Deutsch gleichzusetzende Gemeinsprache. Allerdings haben sie alle, Männer wie Frauen, sehr tiefe, raue Stimmen. Sie reden nicht sonderlich häufig und Fremde müssen sich erst einmal mit einem ziemlich schweren Akzent herumärgern.
    Völlig kultureigen ist die Melodiösität ihrer Sprechweise. Alles, was sie von sich geben, äußern sie in einer Art Gesang. Mit der Zeit hat sich das so weit entwickelt, dass für einfache Redewendungen wie "Vielen Dank", "Du bist willkommen" oder "Gib mir... rüber" gar keine Worte mehr gebraucht werden, sondern nur spezifische Tonabfolgen.

    Nicht sonderlich überraschen mag da, dass das Singen von Liedern eine sehr lange Tradition hat. Es gibt zu jedem Anlass Lieder, die alle kennen und für sich und andere singen.


    Zuletzt von Morandilme am Do Jul 07, 2011 10:40 am bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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    Beitrag von Morandilme Do Jul 07, 2011 10:30 am

    Das waren erst einmal meine grundsätzlichen Vorstellungen. Wenn jemand noch ein Aspekt einfällt, über den er gerne informiert werden möchte, dann soll er sich melden.
    Im Folgenden werde ich mit einer Chronik der Ereignisse beginnen und die Bewohner des Dorfes näher benennen. Besonderheiten, wichtige Ereignisse und ähnliches werden ebenfalls mit der Zeit angefügt.
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    Beitrag von Morandilme Do Jul 07, 2011 11:01 am

    Chronik

    (Anmerkung: Da Geschichtsschreibung nicht vorhanden sind, ist diese Aufzeichnung aus dem historischen Kontext erschlossen, Zeitzeugen und Liedern entnommen und keine in Vinyacarie tatsächlich existierende Quelle)

    65. Jahr: Der Stamm wird in einen Elbenkrieg mitverwickelt.(Ich dachte an Elentar und Alcaron. Soll der erste Streit bereits mit gewalttätigen Auseinandersetzungen geendet haben?) Dort spielen sie keine wichtige Rolle, aber es ist der Grundstein ihrer Feindschaft mit einem anderen Stamm (Name?). Nach dem Verschwinden der Elben (Elentar Richtung Andúlonde, Alcaron wer weiß wo hin) folgt eine Blutfehde der nächsten.

    71. Jahr: Sechs Jahre und viele Tote später gelingt es den Gegnern, die Siedlung des Stamms abzubrennen und sie endgültig zu vernichten. Von den etwa zweihundert Bewohnern überleben nur etwa fünfzig. Sie treten den Marsch nach Norden an, wobei sie weiter verfolgt werden.
    Sommer 71. Jahr: Sie erreichen das Moor mit nur noch 21 Überlebenden und verstecken sich dort für Monate. Die warme Jahreszeit hilft ihnen, erst einmal Fuß zu fassen.
    Herbst 71. Jahr: Noch mehrmals haben ihre Verfolger sich in den Sumpf gewagt und nach ihnen gesucht, ohne sie in dem unwegsamen Gelände jedoch zu finden. Mit dem Anbruch des Herbstes geben sie endgültig auf und machen sich auf den Rückweg.
    Winter 71.Jahr: Eine Frau überlebt die Geburt ihrer Tochter nicht. Das Mädchen wird Janken geheißen. Die Moormenschen haben ein provisorisches Lager errichtet und kommen mit Müh, Not, Feuer und gebratenen Sumpfvögeln über den Winter.





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    Beitrag von Morandilme Do Jul 14, 2011 1:24 pm

    Die Grauhunde
    Janken, das erste Mädchen, das als Moormensch zu Welt kam, wurde, da ihre Mutter bei der Geburt starb, von Ireni aufgezogen, eine willensstarke Frau, deren kleiner Sohn zur Überraschung aller den langen Marsch nach Norden überlebt hatte und auch nun prächtig gedieh. Ireni, die ihren Mann und ihre Eltern ebenfalls verloren hatte, hatte eigentlich weit besseres zu tun, als sich um noch ein Kind zu kümmern, aber sie war die einzige, die noch Milch hatte und nett, wie sie war, konnte sie das schreiende Bündel Mädchen nicht krepieren lassen.

    Es waren harte Zeiten, in denen sie alle mit allen teilten und doch immerzu Hunger litten.
    Janken und ihr Ziehbruder Thur arbeiteten, kaum dass sie laufen konnten, mussten das Herdfeuer im Gang halten, Holz suchen und einlagern, nach Knollen und Pilzen suchen.
    Sie wuchsen in der kleinen Siedlung auf, die die Flüchtlinge in ihrer Not ein Stück südlich des großen Sees gegründet hatten, es war mehr eine Sammlung provisorischer Unterstände, als sonst etwas und Nachts pfiff der Wind durch die Lücken, das es nur so klapperte. Gemeinsam mit ihrer Mutter und ihren beiden Cousins lebten die Kinder auf der windabgewandten Seite eines Zaunes aus morschen Birkenstämmen.

    Thur wurde mit der Zeit gedrungen und stark trotz der Unterernährung, Janken hingegen war zwar auch kräftig und stabil gebaut, aber sie fieberte und war häufig krank. Sie verbrachte viel Zeit in klamme Decken gewickelt so nah wie möglich am Feuer liegend, und deshalb bekam sie auch sehr gut mit, wie fatal es jedes Mal wieder war, wenn ein kräftiger Regenguss es schaffte, die Flamme zu löschen. Sie hatten keine Zundersteine, und so hieß es jedes Mal wieder, endlos das nasse Holz zu reiben, das eher zerbröselte, als dass er begann, sich zu erwärmen.

    Daher machte sie sich, als sie fünfzehn Jahre war und ihren chronischen Schnupfen habwegs im Griff hatte, auf den Weg ins Gebirge. Ireni verbot es ihr zwar, und ihrem Bruder, der sie begleiten wollte, ebenfalls, aber aufhalten konnte sie Janken letztendlich nicht.
    Thur, der mit den Männern draußen arbeitete und am Bau der ersten Behausungen beteiligt war, sah einen zweiten großen Mangel nämlich in dem Fehlen von Werkzeug, das einigermaßen haltbar war. An Stahl zu kommen, war so oder so unmöglich, dass sah er ein, aber dass funktionstüchtige Beile auch aus Stein hergestellt werden konnten, wusste er ebenso.

    Mit den guten Wünschen ihres Bruders machte Janken sich im Sommer auf den Weg in die noch wenig bekannten Sumpfgebiete weiter östlich. War sie noch bei schönem Wetter aufgebrochen, so gestaltete sich die Reise bald bei Sturm und Platzregen als ein einziger Überlebenskampf, den sie nur mit eisernem Willen durchstand.
    Als sie daher an den Ausläufern des Gebirges völlig ausgehungert auf einen großen, grauen Hund traf, zögerte sie nicht lange, ihn zu töten und zu verspeisen.
    Mit der Konsequenz, dass sich die erste Begegnung zwischen Janken und dem Besitzer des Tieres, einem gewissen Strauchdieb namens Grennin, etwas unerfreulicher abspielte, als anders hätte der Fall sein können.

    Gennin der Grauhund wurde er genannt, was nicht nur an seinem grauen Haar lag, sondern auch daran, dass er immer in Begleitung von fünf, sechs großen Hunden war, mehr Wölfe als Haustiere, mit dem kleinen Unterschied, dass sie halbwegs gezähmt waren.
    Mit ihren aufmerksamen Sinnen warnten sie ihn vor Gefahren, die für seine menschlichen Ohren nicht zu erfassen waren, mit ihrer Kampfkraft hielten sie Bären und Albae fern.
    Grennin war eine recht wiedersprüchliche Person: Einerseits hatte er keine Skrupel, Menschen auszurauben und dabei im Notfall auch zu töten, andererseits jedoch wusste er auch viele Wege, wie er sich auch alleine in der Wildnis durchschlagen konnte und hielt sich zumeist an diese. Menschen, die noch ärmer waren als er selbst, begegnete er mit Freigiebigkeit und Hilfe. Mit dem Bogen konnte er kein noch so einfaches Ziel treffen, aber Fallen stellte kaum einer geschickter.
    Alles, was er brauchte oder vielleicht irgendwann einmal würde brauchen können, trug er am Leibe, an vielen Riemen, Taschen, Gürteln geordnet, sodass er fast wie ein Krämer aussah.

    Grennin liebte seine Hunde und war über den Tod des einen kein bisschen amüsiert, als er Janken fand, die sich stur weigerte, sich für ihre Tat zu entschuldigen.
    Er überlegte, ob er sie töten sollte, sah aber davon ab, da sie einen absolut elendigen Anblick bot, mit entzündeten Wunden unter den Nägeln, verklebten Haaren und ausgehungerten Augen. Er nahm sie mit und pflegte sie, bis ihr Zustand wieder annehmbar war.

    Janken erzählte ihm vom Grund ihrer Reise und von den Flüchtlingen im Sumpf, mit denen Grennin bis zu dem Zeitpunkt noch nichts zu tun gehabt hatte. Da er allerdings eine kleine Schwäche für das Mädchen, das er so sorfältig gepflegt hatte, entwickelt hatte, half er ihr bei der Suche nach brauchbaren Zundersteinen und bestand eben so darauf, zu ihrem Schutz mit ihr zurückzureisen, was sie nicht wenig schmeichelte.
    Es kam wie es kommen musste, die beiden verliebten sich, beschlossen bald darauf, zusammenzubleiben und das ganze Dorf jubelte, als die Feuer hell aufleuchteten. Ireni lächelte zufrieden vor sich hin, denn heimlich hatte sie immer die Befürchtung geplagt, ihre kranke Ziehtochter könnte sich zu einem zauderlichen, unentschlossenen Wesen entwickeln.

    Bald darauf entwickelte sich ein erster Interessenkonflikt, denn Grennin wäre gerne wieder in die Berge gezogen, wo er sich auskannte, doch Janken konnte sich beim besten Willen nicht dazu durchringen, ihre Verwandten ganz im Moor zurückzulassen. Da Grennin jedoch anpassungsfähig war und sich mit den Moorleuten schnell gut verstand und seine Frau sehr gern hatte, entschied er sich schließlich, zu bleiben.
    Darauf gab es jedoch schnell von einer anderen Seite Probleme, denn die Grauhunde, die ihrem Herrn selbstverständlich gefolgt waren, verscheuchten alles Wild, das sich in der Nähe aufhalten mochte, ein für die junge Siedlung tödlicher Zustand. Letztenendes zog das Paar nach Norden und Osten an das Südufer des Sees, wo sie als erstes auch mit der Fischerei beginnen sollten.
    Diese zweite, mit der Zeit wachsene Siedlung, bewohnt von Grennin, Janken, vielen Hunden, ihren Kindern sowie angeheirateten anderen Leuten, stand immer in lebhaften Kontakt zu der ersten, deren Bewohner nur von "den Grauhunden" oder "der Grauhundfamilie sprachen.

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